Als ein Mitarbeiter der Lebensmittelproduktion nach dem Urlaub zurück in den Betrieb kommt überrascht er seine Kollegen. Er ist streitlustig und trägt ein T-Shirt mit politischen Botschaften. Immer wieder verstrickt er seine Kollegen in Diskussionen, will sie von seiner neuen Weltsicht überzeugen. Als ein Kollege die Facebook-Seite von dem besagten Mitarbeiter besucht, traut er seinen Augen nicht: Übers Wochenende hat dieser mehrere Verschwörungsvideos der Querdenker und Videos von Demonstrationen in Berlin gepostet.
In der Fertigungshalle eines anderen Unternehmens arbeitet ein Schichtleiter, der seine politische Überzeugung den Mitarbeitern mit körperlicher Aggression aufzwingen will. Aufnahmen von Überwachungskameras zeigen, wie er sich seine Opfer greift, sie an die Wand drängt und dabei klarstellt, welche politische Ausrichtung erwünscht ist und welche nicht.
Auch ein Büroangestellter eines Logistikunternehmens äußerst seine politischen Meinungen lautstark und mit Nachdruck. Der Mann ist ein glühender Anhänger der türkischen Staatspartei. Seine Kollegen berichten dem Personalvorstand in vertraulichen Gesprächen, wie der Angestellte seinen ebenfalls türkischstämmigen Kollegen in den Pausen und nach Feierabend auflauert, sie und ihre Familien aggressiv bedroht. Am Ende beugen sich die Betroffenen fast immer, aus Angst um ihren Job oder um ihre Familien.
Fälle wie diese sind keine Ausnahmen. Immer öfter kommt es in Betrieben und Unternehmen zu politischer oder religiöser Agitation. Manchmal hetzen Einzelpersonen, mitunter versuchen ganze Vereinigungen, anderen Mitarbeitern ihre Überzeugungen aufzuzwingen und sie einzuschüchtern. Solche Aktivitäten gefährden, wenn sie nicht frühzeitig unterbunden werden, die Sicherheit im Unternehmen. Sie vergiften zudem das Arbeitsklima. Und: Wenn ein Unternehmen wegschaut, schwindet auch die Loyalität der Mitarbeiter, da sie sich im Stich gelassen fühlen.
Das Konfliktpotential, egal ob durch rechts- oder linksextreme Gesinnung, fanatisch religiös bedingt oder sonst wie geartete, wird unser Begleiter bleiben. Auch Ethnizität kann in Zukunft verstärkt zur Mobilisierung oder Abgrenzung führen. Empfänglich für diese Art der Agitation sind vor allem Menschen, die sich von offensiver Internet-Propaganda begeistern lassen oder die über Dritte Kontakt zu radikalen Meinungsmachern bekommen. Gründe für eine Identifikation mit radikalen Gruppierungen gibt es viele: Fehlende Perspektiven, gescheiterte Integration oder auch das Gefühl, unerwünscht zu sein. Allerdings darf auch bei einem geringen Organisationsgrad die mögliche Mobilisierung von Mitarbeitern in Betrieben in Zukunft nicht unterschätzt werden. Das Radikalisierungspotenzial wird Unternehmen vor wachsende Herausforderungen stellen.
Die Täter fordern von ihren Opfern aktive und bedingungslose Unterstützung für ihre Ziele und verlangen die Reduzierung von Kontakten und Bindungen zu Personen und Institutionen, die sich außerhalb des eigenen Gedankenkreises befinden. All das trägt zur Spaltung von Belegschaften bei, führt zu Konflikten und letztlich zu Terror am Arbeitsplatz. Die Auswirkungen solcher Agitation, die sich künftig noch häufen wird, sind regelmäßig nicht auf eine Firma begrenzt, sondern breiten sich auf mehrere aus. Sie können durch die Presse oder soziale Medien im ganzen Land oder sogar international bekannt werden – für die Unternehmen ein immenser Reputationsschaden.
Was ist zu tun?
Unternehmen müssen schon heute aktiv werden, um Spaltungen jeglicher Art unter ihren Mitarbeitern frühzeitig zu erkennen und dem entgegenzuwirken. Sie müssen Führungskräfte, aber auch einfache Mitarbeiter, für diese mögliche Gefahr sensibilisieren. Durch frühzeitige Aufklärungsarbeit wird das Bewusstsein der Mitarbeiter für mögliche Agitationen in der Firma gestärkt. Hilfreich sind Workshops und Informationsveranstaltungen für die ganze Belegschaft, Aushängen auf dem Firmengelände und regelmäßige Hinweise in Emails oder im Intranet. Wenn Hinweise auf Agitation in Beschwerdekästen deponiert werden, muss das Unternehmen darauf reagieren. Moderne Überwachungskameras helfen, Einschüchterungsversuche wie jene durch den gewalttätigen Schichtleiter zu unterbinden. Sogenannte Pre-Employment-Checks, also ein Check des Mitarbeiters und seines angeblichen Werdegangs noch vor Einstellung, helfen manipulierte Informationen zu identifizieren und den neuen Mitarbeiter besser einschätzen zu können. Nur so lassen sich Sicherheit und Betriebsklima im Unternehmen dauerhaft stabilisieren. Wer dagegen die Augen verschließt, trägt unter Umständen dazu bei, dass in den Betrieben hausgemachtes Mobbing und Unterdrückung von Meinungen heranwächst.
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Frederike Rehn
Consultant Crisis Management
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