„Wenn jemand eine Reise tut, so kann er was erzählen…“ wusste auch schon der deutsche Dichter Matthias Claudius zu berichten. Dazu erscheint es in erster Linie notwendig zu wissen, wohin man sich auf die Reise begibt. Andy Möller´s Aussage dazu: „Mailand oder Madrid, Hauptsache Italien!“ lässt darauf schließen, dass die Reisevorbereitung in diesem Fall verbesserungswürdig gewesen wäre. Aber genug der Aussage prominenter Reisender aus vergangenen Tagen. Was bedeutet Reisesicherheit in der Gegenwart und was wird die Zukunft bringen?!
Die Corona-Krise brachte in allen Lebensbereichen maßgebliche Veränderungen mit sich. Gesundheitssystem, Wirtschaft, Arbeitswelt, Schulsystem und Gesellschaft im Allgemeinen mussten sich an die Pandemie anpassen. Flughäfen wurden zu riesigen Parkplätzen stillgelegter Flugzeuge. Die Touristikbranche stürzte in eine noch nie dagewesene Krise, Geschäftsreisen konnten nur bei absoluter Notwendigkeit in Verbindung mit den jeweils erforderlichen Dokumenten umgesetzt werden.
Nach rund 2 Jahren nahezu vollständigen Stillstands nehmen die Reisetätigkeiten sowohl im Tourismus als auch bei den Geschäftsreisen wieder Fahrt auf. Ebenso bei Straftaten von unterschiedlichen Tätergruppen, die durch diesen „Reisestillstand“ massive Geschäftseinbußen hatten – von Taschendiebstählen bis Entführungen! Hierzu ist anzumerken, dass es nicht immer für Täter eine Rolle spielt, wer der Reisende ist. Egal ob als Geschäftsreisender, Urlauber, Abenteurer – gelangt man in den Focus, ist es meist zu spät zu reagieren. In diesem Zusammenhang ist immer die unterschiedliche Betrachtung der verantwortlichen Stakeholder und Reisenden interessant, welche Länder gefährlich sind und welche nicht.
Die Risiken in den Ländern verändern sich ständig und sind sehr dynamisch. Es ist nicht möglich zu behaupten, in einem Staat besteht pauschal ein erhöhtes Risiko. Die Betrachtungsweise von Länderrisiken muss sich nach der aktuellen Bedrohungslage, religiösen und kulturellen Gegebenheiten, Landesteilen, Regionen, Städten und weiteren Parametern richten. Erst eine umfassende, individuelle Länderanalyse ergibt, ob in gewissen Gebieten das Risiko eines Überfalles, einer Entführung oder eines Terroraktes erhöht ist.
Beispiel Südafrika: viele Reisebüros und online Plattformen vermitteln immer noch gerne Reisen in dieses durchaus interessante Land, Reisende begeben sich mit SUVs auf die Straßen (nicht vergessen: Linksverkehr und auch der Blinker und der Wischerhebel befinden sich auf der falschen Seite…) und fahren quer durchs Land. Frage: gefährlich? Antwort: es kommt darauf an, wo genau sie entlangfahren, es bestehen im ganzen Land unterschiedliche Sicherheitsrisiken und pauschale Aussagen, es sei in Johannesburg gefährlicher ist als in Kapstadt, sollte man so nicht stehen lassen. Und dies ist nicht nur ein Fakt in Südafrika, sondern ein globales Thema, was Reisesicherheit betrifft. Recherchiert man in den richtigen Quellen, findet man gefährliche Gebiete in vermeintlich sicheren Staaten und in umgekehrter Weise sichere Gebiete in Krisenländer.
Die Sicherheit von Mitarbeitern im Ausland ist in Zeiten globaler Geschäftstätigkeit ein zunehmend komplexes Thema mit einem hohen Maß an Verantwortung für die Unternehmensleitung. Während Großunternehmen meist der Fürsorgepflicht mit eigenen Reiseabteilungen und bestenfalls mit einer Corporate Security – welche vom Buchungsprozess bis zur 24/7 Krisen-Hotline – alles vorbereitet haben, gibt es in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) und auch den Hidden Champions teilweise noch massiven Nachholbedarf.
Die Entsendung von Mitarbeitern ist meistens auf das Business fixiert und oft bleibt die persönliche Sicherheit auf der Strecke. Geschäftsreisende und Mitarbeiter im Ausland sehen sich einem immer breiteren Spektrum an Risiken ausgesetzt, von plötzlichen Erkrankungen, über gewaltsame Übergriffe, bis hin zu subtilen, „neuen“ Gefahren. So werden z. B. immer häufiger sensible Firmeninformationen durch technische Angriffe auf Smartphones von Mitarbeitern entwendet und Reisende in ihren Hotels ausspioniert. Risiken wie medizinische Notfälle, Verkehrsunfälle, unsichere Verkehrsmittel, Straßenkriminalität, bewaffnete Überfälle, Entführung und Erpressung, politische Unruhen, gewaltsame Demonstrationen oder eine Pandemie stellen alle Unternehmen, egal ob Großkonzern oder Hidden Champion und deren Reisende vor große Herausforderungen.
Empfehlungen für eine professionelle Vorbereitung:
Das Fundament eines jeden Reisesicherheitssystems bildet eine auf das Unternehmen abgestimmte Reisesicherheitsrichtlinie, welche Regeln für die Buchung und Durchführung von Reisen festlegt und für alle Reisenden verpflichtend sein muss. In der Firmenzentrale sollte ein Krisenmanagement mit einem klar definierten Krisenstab implementiert und bestenfalls ein Netzwerk zu Behörden und Beratern vorhanden sein. Der Reisende selbst sollte mit Länderinformationen, Reisesicherheitstrainings und einer 24/7 telefonischen Erreichbarkeit für Krisenfälle vorbereitet werden. Finden länger andauernde Tätigkeiten im Ausland statt, ist je nach Risikostufe ein lokales Einsatzteam, Einsatzmaterial und bestenfalls eine Evakuierungsplanung sinnvoll. Nachhaltige Unternehmenssicherheit erfordert Wissen, Erfahrung und Umsetzung von verhältnismäßigen Maßnahmen im Rahmen der Fürsorgepflicht.
Der Autor:
Andreas Radelbauer ist akademischer Krisenmanager und Leiter des Bereiches Crisis Risk & Response bei Corporate Trust. Jahrzehntelange globale Erfahrung in Umgang mit Krisen, Bedrohungen, Erpressungen und Entführungen prägen seinen Werdegang.
E-Mail: radelbauer@corporate-trust.de
Tel: +49 89 599 88 75 80