Wirtschaftskriminalität ist deutlich angestiegen

Als Wirtschaftskriminalität werden Straftaten bezeichnet, die einen wirtschaftlichen Bezug aufweisen, so zum Beispiel Anlage- und Finanzdelikte, Wettbewerbsdelikte oder auch qualifizierter Betrug. Das Bundeskriminalamt (BKA) gibt jedes Jahr ein „Bundeslagebild Wirtschaftskriminalität“ heraus. Im jüngst veröffentlichen Bericht des BKA für 2022 wird ein Anstieg der Fälle von Wirtschaftskriminalität um 42,6 Prozent bescheinigt. Die bedeutendsten Phänomene sind dabei der „Anlagebetrug auf Online-Plattformen“, also der betrügerische Handel mit Finanzinstrumenten, sowie der „Messenger-Betrug“.

Während für 2021 insgesamt 51.260 Fälle von Wirtschaftskriminalität registriert wurden, waren es für 2022 bereits 73.114 Straftaten. Dabei ist bemerkenswert hervorzuheben, dass der finanzielle Schaden im gleichen Zeitraum von 2,441 Mrd. Euro (2021) auf 2,083 Mrd. Euro (2022) zurückging. Die Aufklärungsquote ist weiter auf sehr hohem Niveau. Waren es 2021 immerhin schon 88,8 Prozent, konnten die Behörden 2022 sogar 91,8 Prozent der Straftaten aufklären. Zum Vergleich, laut Polizeilicher Kriminalstatistik (PKS) lag die Aufklärungsquote für Straftaten generell 2022 lediglich bei 57,3 Prozent.

Trotzdem stellt Wirtschaftskriminalität ein ernst zu nehmendes Problem für die Wirtschaft und Privatpersonen dar. Vor allem der betrügerische Handel mit Finanzinstrumenten auf Online-Plattformen (sog. Cybertrading) bildete einen Schwerpunkt der behördlichen Ermittlungstätigkeiten in den Bundesländern. Bei dieser Kriminalitätsform werden häufig Privatanleger mit aggressivem Online-Marketing auf Social-Media-Plattformen oder Werbe-E-Mails geködert, um vermeintlich gewinnbringende Investments einzugehen, häufig mit der Empfehlung für ganz ausgefeilte Anlagestrategien.

Bei den Tätern handelt es sich zumeist um Organisierte Kriminalität (OK), welche die Unwissenheit und teilweise Naivität ihrer Opfer ausnutzen. Wenn sie erstmal geködert sind und eine Registrierung auf den betrügerischen Online-Plattformen stattgefunden hat, nimmt ein Call-Center-Agent Kontakt auf und versucht sie zur Investition zu überreden. Nach ersten kleineren Investments wird den Opfern dann ein „Persönlicher Broker“ angeboten, der sie unterstützen soll. Auf den gefakten Webseiten werden dann vermeintliche Kursgewinne suggeriert, so dass die Getäuschten von ihrem persönlichen Broker leicht zu immer neuen, viel höheren Investments bewegt werden können.

Das System fliegt meist erst dann auf, wenn die Opfer eine Auszahlung der Gewinne verlangen. Ihnen wird sehr schnell klar, dass sie Betrügern aufgesessen sind, wenn plötzlich kein Zugriff mehr auf den Online-Account möglich und auch der persönliche Broker nicht mehr erreichbar ist. In den meisten Fällen kommt es dann zum Totalverlust bei den Anlegern.

In ganz perfiden Fällen kommt es anschließend sogar vor, dass die Geschädigten zusätzlich noch durch einen sog. „Recovery Fraud“ zu erneuten Betrugsopfern werden. Dabei bieten angebliche Rechtsanwaltskanzleien nach einem solchen Vorfall ihre Hilfe an, um das Geld wieder zurückzuerlangen. Meist erfolgen solche Angebote telefonisch und die Täter gehen äußerst professionell vor. Den Service gibt es natürlich nur gegen Vorkasse!

Vor Investments bei Online-Plattformen sollten daher folgende Punkte beachtet werden:

  • Vertrauen Sie nicht blind allzu verlockenden Angeboten auf Social-Media-Plattformen
  • Klicken Sie nicht unbedacht auf Links, die sie auf fremde Webseiten führen; diese könnten manipuliert oder gefakt sein
  • Prüfen Sie auf Vergleichsportalen, wie lange das Unternehmen bzw. die Handelsplattform bereits besteht und welche Reputation es hat
  • Recherchieren Sie im Netz zur jeweiligen Online-Plattform sowie den Betreibern, ob es bereits Hinweise auf Betrug bzw. dolose Handlungen gibt
  • Überprüfen Sie die Stimmigkeit der Angaben – passen z.B. die Sitzadresse des Unternehmens (Impressum) mit der Telefonnummer des Anrufers (persönlicher Broker) überein
  • Seien Sie bei im Ausland ansässigen Anbietern/Plattformen generell skeptisch
  • Lassen Sie sich niemals zu hohen Investments überreden, schon gar nicht telefonisch
  • Lassen Sie bei höheren Investments vorab durch Sicherheitsspezialisten einen Background-Check zur entsprechenden Online-Plattform sowie den handelnden/verantwortlichen Personen durchführen

Zum Autor:

Christian Schaaf war früher Kriminalbeamter und ist heute Geschäftsführer der internationalen Sicherheitsberatung Corporate Trust.

Tel. 089-599 88 75 80

schaaf@corporate-trust.de

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