Wer in China Lieferanten, Kunden oder Joint-Venture-Partner hat, sollte darauf achten: Manche chinesische Firmen kooperieren systematisch mit ihrem Militär bei Forschung und Entwicklung—in sogenannten Military-Civil Fusion (MCF) Companies. Ein Risiko für Compliance, Reputation und Spionage. Wir zeigen, woran man solche Firmen anhand öffentlicher Informationsquellen erkennen kann.
Was ist Military-Civil Fusion?
MCF ist eine offizielle Strategie der chinesischen Regierung, wonach das Militär und innovative Wirtschaftsunternehmen des Landes systematisch zusammenarbeiten und Informationen austauschen, um in der Entwicklung neuer Technologien voneinander zu profitieren.
Wer stört sich daran am meisten?
Gebeutelt von einer Flut chinesischer Spionage in der Technologiebranche, haben die USA eine neue Schwarze Liste mit militärnahen chinesischen Firmen erstellt und in nationales Recht umgesetzt. Die Blacklist basiert auf Abschnitt 1237 im National Defense Authorization Act of 1999, daher werden die gelisteten Firmen „Section 1237 companies“ genannt. Ex-Präsident Donald Trump unterzeichnete einen entsprechenden Erlass noch kurz vor seinem Ausscheiden aus dem Amt im November 2020.
Bisher ergeben sich unseres Wissens nach zwar keine Verpflichtungen für deutsche (oder europäische) Unternehmen, generell eine Zusammenarbeit mit chinesischen MCF-Firmen zu meiden.* Die Frage, ob eine Firma mit dem chinesischen Militär verbunden ist oder nicht, dürfte dennoch vor allem für folgende Unternehmen relevant sein:
- Unternehmen, deren Produkte Ausfuhrbeschränkungen unterliegen (z.B. auch Dual-Use Produkte)
- Firmen, die aus ethischen bzw. Compliance-Gründen nicht mit militärnahen Firmen in China Geschäfte machen wollen, z.B. im Zusammenhang mit Schutz von Menschenrechten (siehe auch geplantes Lieferkettengesetz)
- Firmen, die bei Aufnahme enger Geschäftsbeziehungen (z.B. Joint-Ventures) mit Military-Civil Fusion Companies oder deren Mutter- oder Tochtergesellschaften einem erhöhten Spionagerisiko ausgesetzt sind
- Firmen, die in den USA Geschäft machen und Probleme mit US-Behörden vermeiden wollen
(*Disclaimer: Dieser Artikel stellt keine Rechtsberatung dar.)
Der deutsche Verfassungsschutz sieht die zivil-militärische Fusion klar als Teil der chinesischen Spionage-Strategie an, mit der sich das Land wertvolles Know-How aus dem Ausland aneignen will.
Wie man Military-Civil Fusion Firmen in öffentlich verfügbaren Quellen erkennt
Um bei der MCF-Identifizierung sicher zu gehen, sollte man in chinesisch-sprachigen Primär- und Sekundär-Quellen recherchieren, z.B. dem chinesischen Handelsregister und verlässlichen kommerziellen Firmendatenbanken, die die chinesische Schreibweise der Firmeninformationen enthalten. Denn kommerzielle Tools listen die Mutter- und Tochterfirmen der Ziel-Entität gleich verlässlich mit auf. Das ist wichtig, denn auch in den über- oder untergeordneten Firmen der Gruppe (upstream & downstream) können die Compliance- bzw. Spionage-Risiken schlummern.
Wir beleuchten im Folgenden drei Varianten, wo sich der Hinweis auf MCF befinden kann:
1. NAME: Am einfachsten liegt der Fall, wenn der Begriff „Military-Civil Fusion“ (chin. 军民融合) bereits im Namen der Firma enthalten ist.
Beispiel:

2. GESCHÄFTSZWECK: Ein Hinweis auf MCF kann auch im registrierten Geschäftszweck des Unternehmens enthalten sein.
Beispiel:


3. ADRESSE: Wenn Firmen sich in Office-Clustern von MCF-Firmen ansiedeln, kann das ebenfalls ein Hinweis auf Nähe zum Militär sein.
Beispiel:

Interessanterweise findet sich der Hinweis auf Military-Civil Fusion (chin. 军民融合) nicht in der Geschäftsanschrift von Baijia Yuntong, die das Unternehmen auf seiner Webseite angibt (hier blau markiert).

Daher ist es wichtig, Firmeninformationen sowohl bei offiziellen Registern als auch kommerziellen Datenanbietern querzuchecken.
Fazit
Wer in China Lieferanten, Kunden oder Joint-Venture-Partner hat, und die Nähe zum Militär vermeiden will, sollte bei Ihnen nach Hinweisen auf „Military-Civil Fusion“ prüfen. Ein erster Schritt ist die Suche in öffentlich verfügbaren Quellen aus China selbst.
Wenn Sie Hilfe beim Screening Ihrer chinesischen Geschäftspartner oder Kunden benötigen, können Sie sich vertrauensvoll an uns wenden.
Zum Autor
Sebastian Okada, ist Prokurist bei Corporate Trust und leitet die Abteilung für Ermittlungen & Prävention Wirtschaftskriminalität. Er ist seit über 15 Jahren auf die Überprüfung von Geschäftspartnern weltweit spezialisiert.
Tel. +49 (89) 599 88 75 80
intelligence@corporate-trust.de