Vom Staat zu Privat: Polizisten gehen in die Wirtschaft

Polizeibeamte quittieren immer häufiger ihren Dienst und wechseln in die freie Wirtschaft. So stellt sich das zumindest in meinem Bekanntenkreis dar. Es sind meist lukrative Angebote von großen Konzernen, Family Offices oder Vermögensinhabern, mit denen junge Beamte abgeworben werden, um den Personenschutz oder andere Sicherheitsaufgaben zu übernehmen. Auch im Bereich der Sicherheitsberatung oder Unternehmenssicherheit sind gut ausgebildete Polizisten mit Zusatzqualifikationen derzeit sehr gefragt. Doch warum gehen viele Hoheitsträger diesen Weg und verlassen das sichere Beamtentum?

Aus eigener Erfahrung in einigen Jahren bei der Berliner Polizei, inklusive drei Jahren beim LKA, kann ich sagen, dass die Behörden es einem derzeit leicht machen, diesen Schritt zu gehen. Unangemessen niedrige Besoldung, unzählige Überstunden, wenig Rückendeckung des Dienstherrn oder der Politik, wenn es mal kracht.

In der Gesellschaft werden Polizisten immer weniger respektiert und wertgeschätzt, hat man den Eindruck. Allerdings ist in Bayern die Akzeptanz der Polizei und ihrer Autorität in der Bevölkerung deutlich größer als in anderen Bundesländern. Das ist zumindest mein persönlicher Eindruck nach dreieinhalb Jahren Leben und Arbeiten im Freistaat.

So erfüllend dieser Beruf auch sein kann und so wichtig er für unsere Gesellschaft ist, überwiegen für die Polizeibeamten selbst oft eher die Schattenseiten.

Aber ehrlicherweise ist auch in der freien Wirtschaft ist nicht alles Gold, was glänzt. Als Personenschützer verdient man zwar meist deutlich mehr Geld, muss dafür aber auch erheblich flexibler und belastbarer sein. Geklärt werden müssen auch Fragen wie Pensionsansprüche aus der Polizeizeit und der Wechsel in die gesetzliche oder private Krankenkasse. Private Personenschützer müssen zudem Aufgaben außerhalb der eigentlichen Tätigkeit mit in Kauf nehmen, etwa auch mal Botenwege für die Schutzfamilie erledigen oder den Hund Gassi führen.

Während die großen Konzerne meist ähnlich wie Behörden strukturiert sind und es ganze Personenschutzkommandos für den Vorstand oder die Inhaberfamilie gibt, sind im Bereich Family Offices eher nur ein bis zwei Personenschützer aktiv, die zu bedarfsorientierten Zeiten die Familie betreuen.

Sie sind dann meist Fahrer, Personenschützer, Voraufklärer und manchmal auch persönlicher Assistent der Familie in einem. Die Dienste sind oft zeitlich undefiniert und auch die Einsatztage versprechen nur selten eine Regelmäßigkeit. Der Vorteil ist allerdings, dass man dadurch eine engere Bindung zur Schutzperson herstellen kann, was den Alltag sowohl für die Schutzperson als auch den Schützer erleichtert. Man sollte aber stets die professionelle Distanz wahren.

Ehemalige Polizeibeamte haben meist die Möglichkeit, nach spätestens sechs Jahren und einer erneuten Gesundheitsüberprüfung wieder in die Behörde zurückzukehren. Dieses Angebot wird erfahrungsgemäß aber nur selten genutzt. Wer einmal die Vorteile in der Wirtschaft kennengelernt hat, geht meist nicht zurück.  

Wir bei Corporate Trust haben bisher sehr gute Erfahrungen mit Personenschützern von Behörden gemacht und auch unsere Kunden wissen deren Professionalität durchweg zu schätzen. Das Ausbildungsniveau bei der deutschen Polizei ist gegenüber anderen Ländern hoch und international angesehen.

Vor allem Mitglieder von Spezialeinheiten genießen über die Grenzen hinaus einen hervorragenden Ruf. Dabei ist es nicht nur die Ausbildung der Beamten, sondern auch die richtige Einstellung zum Thema Sicherheit, Ordnung und Disziplin, die sich im beruflichen Alltag widerspiegelt.

Zugegeben, die Grundausbildung kann auch je nach Bundesland Lücken aufweisen: zum Beispiel wegen veralteter Schusswaffen und Box-Equipment, Ausfall von Unterrichtseinheiten wegen fehlender Ausbilder und mangelhafter Dienstfahrzeuge für Fahrsicherheitstrainings.

Sicherheit in der Wirtschaft ist anders als beim Staat: Die Ausrüstung ist besser, man hat mit weniger Bürokratie zu kämpfen und wird höher vergütet. Andererseits sind Renten vergleichsweise niedriger als Beamtenpensionen und man ist leichter kündbar. Arbeiten in der Wirtschaft ist nicht für jeden ideal.

Aber engagierte und flexible Polizeibeamte, die Lust auf Veränderungen haben und denen das Beamtendasein zu eng ist, haben sehr gute Chancen, interessante und gut bezahlte Positionen in Unternehmen oder bei vermögenden Familien zu bekommen – und für sich ein neues Kapitel aufzuschlagen.

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