Hochstapler entlarvt durch Background Check

Dies ist eine wahre Geschichte, die sich erst kürzlich in der deutschen Wirtschaft zutrug. Sie zeigt, welcher Schaden für ein Unternehmen entstehen kann, wenn sich ein Job-Bewerber mit aufgebauschtem oder gefälschtem Lebenslauf in eine Firma einschleicht.

Ein mittelständisches Maschinenbau-Unternehmen, gegründet und geführt von deutschen Managern, brauchte Verstärkung bei der digitalen Entwicklung seiner Produkte und stellte einen neuen Software-Engineer ein. Der Mann, ebenfalls aus Deutschland, hatte frühere Erfahrungen in Form eines eigenen IT-Unternehmens zu bieten, das er nachweislich gegründet, eine Weile betrieben und dann liquidiert hatte. Angeblich hatte er sein darin enthaltenes Intellectual Property für ein paar hunderttausend Euro an eine ausländische Firmengruppe verkauft.

Zuvor hatte er sein Studium in Aachen – so die Story – erfolgreich abgeschlossen und später noch einen Master in Großbritannien draufgesattelt. Nach längerem Bewerbungsprozess und mehreren Gesprächen wurde er bei dem Mittelständler eingestellt. Sein Lebenslauf wurde damals jedoch keiner Überprüfung unterzogen.

Der Bewerber begann seine Arbeit und zunächst lief alles gut. Er bekam, wie gefordert, sogar eine kleine Beteiligung am Unternehmen, als er bestimmte Erfolgsziele erreicht hatte, und wurde somit Mitgesellschafter.

Die ersten Risse zeigten sich nach etwa einem Jahr, als die Probezeit lange zu Ende war und er nachweislich seine Pflichten zu vernachlässigen begann: Sein Team, das er führen sollte, ließ er wiederholt im Stich. Auf Geschäftsreisen, auf denen er eigentlich mit Kooperationspartnern an einem Projekt arbeiten sollte, verbrachte er laut einem Whistleblower mehr Zeit außerhalb des Büros als innerhalb. „Er machte die halbe Woche blau“, berichtete der Hinweisgeber.

Hier begann das Misstrauen seiner Arbeitgeber. Sie beauftragten eine professionelle Überprüfung seiner Vita. Dabei kam heraus, dass der neue Mitarbeiter sein deutsches Studium gar nicht abgeschlossen hatte, sondern nach dem Grundstudium ausgestiegen war; dass sein Master Degree in Großbritannien frei erfunden war, wie die dortige Hochschule bestätigte. Sein geschäftlicher Erfolg mit eigenen Firmen war ein Märchen: seine GmbHs wiesen über die letzten Jahre so gut wie kein Vermögen auf. Entsprechend hatte es den Verkauf seines Intellectual Properties nie gegeben.

Der Schaden

Jetzt könnte man meinen: dann kündigt man ihm halt und der Spuk ist beendet. Aber so einfach ist das in Deutschland nicht. Zunächst verbrachten die Geschäftsführer des Unternehmens unzählige Stunden damit, den Fall zu besprechen: mit Arbeitsrechtsanwälten, Gesellschaftsrechtlern, Sicherheitsberatern, Mitarbeitern und untereinander. Der Vorgang verpatzte ihnen regelmäßig die Wochenenden und Feiertage. Die investierten Stunden summierten sich geschätzt auf mehrere Mannwochen.

Zum anderen war an dem laufenden Software-Projekt ein realer Schaden entstanden. Es ging nicht vorwärts wie es sollte, Vertragspartner waren verärgert, ein Team-Mitglied hatte die Nase voll und kündigte. Die Kosten der Entwicklung liefen aus dem Ruder.

Außerdem hielt der Hochstapler ja auch Anteile am Unternehmen. Man musste sich in zähen Verhandlungen mit ihm finanziell einigen, damit er die Anteile zurückverkaufte; einen juristischen Zwang dafür gab es nicht. Anwalts- und Notarkosten kamen on top.

Alles in allem belief sich der Schaden auf etwa 120.000 Euro.

Gesunde Skepsis

Vertrauen ist ein wichtiges Gut im Geschäfts- und Privatleben, ohne das nichts läuft; das es aber erfahrungsgemäß nicht umsonst gibt. Vertrauen entsteht durch gesunde Skepsis und die Überprüfung von Angaben: Trust but verify.

Der Vorfall zeigt, welch hohe Kosten bei solch einem betrügerischen Bewerber im Nachhinein entstehen können. (In anderen Kontexten kann es zudem noch zu Schäden durch Fraud gegen das Unternehmen oder Spionage kommen.)

Festzuhalten ist auch, dass es Probleme nicht nur bei ausländischen Werdegängen geben kann. Da heißt es ja immer, die sind schwerer zu überprüfen; das Risiko ausländischer Job-Bewerber (oder Geschäftspartner) ist höher. Doch wie man sieht, ist man davor auch Inland nicht gefeit.

(Details der wahren Geschichte wurden abgeändert, um Vertraulichkeit zu gewährleisten.)

Der Autor:

Sebastian Okada leitet die Abteilung Intelligence & Investigations bei Corporate Trust in München. Er und sein Team führen seit mehr als 15 Jahren Pre-Employment Screenings und Due Diligence zu sowohl Personen als auch Firmen weltweit für geschäftliche Zwecke durch.

Tel. +49 (89) 599 88 75 80

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