Die Entwicklung neuer Groß-Immobilien ist eines der riskantesten Investments überhaupt. Zumindest aus der subjektiven Sicht eines Betrugsermittlers. Zwar bergen Aktien und Firmenbeteiligungen auch ihre Fraud-Risiken, aber kaum irgendwo herrscht so viel Intransparenz wie im mitteleuropäischen Immobiliensektor. Schwarze Schafe in der Branche – und die gibt es – führen ihre Investoren hinters Licht und bauen regelrechte Schneeballsysteme auf. Den Fall René Benko kennt jeder, aber so etwas gibt es auch zwei Nummern kleiner. Nach außen stehen manche dieser Akteure völlig sauber da; aber nach innen sieht es ganz anders aus. Aus jahrelanger Ermittlungspraxis sind hier 3 Tipps für eine Due Diligence, die man mindestens machen sollte, bevor man Geld investiert:
- Unnötig komplexe Gesellschaftsstrukturen
Die Firmennetzwerke eines Immobilienentwicklers sind hochinteressant. Zu empfehlen ist, das gesamte Netzwerk vor dem Deal transparent zu machen und zu durchleuchten. Hier zeigt sich, welche Art von Strukturen aufgebaut wurden. Normal ist, dass aus Haftungsgründen für jedes Immobilienprojekt eine einzelne Projektgesellschaft gegründet wird. Ein Red Flag ist es aber zum Beispiel, wenn die einzelnen Projektgesellschaften keiner zentralen Holding untergeordnet sind, was wirtschaftlich den meisten Sinn machen würde; stattdessen existiert eine Vielzahl von Muttergesellschaften an verschiedenen Stellen des Geflechts. Manche davon stehen sogar vielleicht im alleinigen Eigentum des Immobilienentwicklers oder seiner Familie. Dies ist wirtschaftlich gesehen eine dezentrale, ineffiziente und damit teure Struktur. Man muss sich also fragen, warum. Zur Haftungsbegrenzung? Schlimm genug. Aber beabsichtigte Intransparenz, Stichwort Schneeballsystem, kann auch ein Grund dafür sein.
- Nicht veröffentlichte Bilanzen
Genauso ist es eine Auffälligkeit, wenn die einzelnen Projekt-GmbHs seit Jahren keine Bilanzen bzw. Jahresabschlüsse, wie gesetzlich gefordert, im Bundesanzeiger (oder was es äquivalent im Ausland dafür gibt) veröffentlicht haben. Dies fällt Investoren mitunter nicht sofort auf, weil sie sich auf eine angebliche „Hauptfirma“ der Gruppe konzentrieren, die meist auf der Webseite des Entwicklers steht—das Aushängeschild. Zu dieser haben sie eine Wirtschaftsauskunft gezogen, die eine einwandfreie Bonität und aktuelle Bilanzzahlen zeigt. Sie glauben damit, die Gruppe sei in Ordnung. In Wirklichkeit haben sie nur die am besten ausgeleuchtete Ecke des Spinnennetzes gesehen, siehe Punkt 1. Die relevanten Geschäftsaktivitäten finden aber woanders in dem weitverzweigten Geflecht statt. Das ist eben Teil des Modus Operandi.
- Luxuriöser Lebensstil
Natürlich gehört wirtschaftlicher Erfolg zu den Kriterien, mit denen unterbewusst zwischen Geschäftspartnern erstes Vertrauen aufgebaut wird. Erfolg gibt einem nun mal Recht. Wenn aber ein Immobilienentwickler mit Statussymbolen und Reichtum zu sehr um sich wirft, will er damit vielleicht überkompensieren, dass sein Geschäftsmodell fragwürdig ist. Daher ist stark zur Schau getragener Erfolg ein weiteres Red Flag. Investoren sollten in den Anbahnungsgesprächen auf Indizien achten, mit denen der Immobilienentwickler scheinbar nebenbei einfließen lässt, wie angenehm sein Leben ist. Sei es die Plauderei über seine 30.000 Euro Uhr am Handgelenk; die Geschichten über seine Villa an der angesagten Küste; oder wie man mit dem Privatjet doch viel besser reist. All dies kann gezielt als subtiler Ausweis seiner Vertrauenswürdigkeit eingestreut worden sein.
Fazit: Die drei genannten Auffälligkeiten sind ein Ausschnitt und vielleicht jeweils für sich genommen noch kein Deal Breaker. Aber wenn sie in Kombination miteinander auftreten, ist Vorsicht geboten. Im Zweifel sollte man eine professionelle, umfassende Due Diligence über die Hintergründe und Integrität eines solchen Firmengeflechts zusammenstellen lassen, bevor man investiert. Das gilt auch für andere Arten von Investitionen, nicht nur Immobilien.
Der Autor:
Sebastian Okada leitet den Bereich Intelligence & Investigations bei der Sicherheitsberatung Corporate Trust in München. Er befasst sich seit 20 Jahren mit der Prävention und Aufklärung nationaler und internationaler Wirtschaftsstraftaten.
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