Freitag, 22. Juli 2016 – Ein 18-Jähriger stürmt in das Olympia-Einkaufszentrum in München und tötet mit einer Schusswaffe neun Menschen. Mindestens zehn weitere Personen erleiden schwere Verletzungen. Der Täter ist ganze zweieinhalb Stunden auf der Flucht, bis ihn eine Polizeistreife nahe dem Einkaufszentrum stellt. Der junge Erwachsene richtet sich daraufhin selbst.
Anfangs kursieren zahlreiche Gerüchte über Schießereien in der gesamten Münchner Innenstadt auf Sozialen Medien. Inmitten einer Flut unbestätigter Informationen droht die Stadt zu Beginn, im Chaos zu versinken. Dann tritt der damalige Pressesprecher der Münchner Polizei vor die Kameras. Er informiert die Öffentlichkeit ruhig und sachlich über die Lage, zeigt in regelmäßigen Abständen Präsenz und vermittelt unmissverständlich die aktuellen Erkenntnisse. Das Auftreten des Pressesprechers wurde vielfach gelobt und als Paradebeispiel erfolgreicher Krisenkommunikation hochgepriesen. Klar ist, dass er mit seinem Auftreten einen wesentlichen Beitrag zur kollektiven Bewältigung des Anschlags beitrug. Doch weshalb war die Krisenkommunikation der Münchner Polizei gelungen, und inwiefern konnte sie ausschlaggebend für die Bewältigung der Krisensituation sein?
Als Prozess der Verständigung mit internen und externen Interessengruppen kann effektive Krisenkommunikation grundsätzlich dazu beitragen, die negativen Auswirkungen von Krisen zu reduzieren und effektiv zu bewältigen. Ohne eine wirksame Krisenkommunikation laufen Betroffene Gefahr, das Vertrauen der Öffentlichkeit zu verlieren – mit potenziell irreversiblen langfristigen Folgen. Im Falle des OEZ-Anschlags hätte eine qualitativ schlechte oder gar kontraproduktive Krisenkommunikation nicht nur am Ereignistag fatale Konsequenzen wie den Ausbruch von Massenpaniken oder gefährliche Spontanreaktionen geängstigter Einwohner mit sich ziehen können. Teile der Bevölkerung hätten gar auf lange Sicht das Vertrauen in die Bewahrung öffentlicher Sicherheit durch die Polizeibehörde verlieren können. Dies zeigt unmissverständlich die Dimension der Bedeutsamkeit effektiver Krisenkommunikation.
Ob und wie Krisenkommunikation im Kontext des Krisenmanagements erfolgreich gestaltet werden kann, ist von vielzähligen Faktoren abhängig. Zwingend erforderlich ist jedoch die Verfügbarkeit eines professionellen Kommunikations- beziehungsweise PR-Teams, welches auf Krisenszenarien umfassend vorbereitet ist und über Kommunikationsbausteine für unterschiedliche Interessensgruppen und Szenarien verfügt. Ein dezidierter Pressesprecher sollte ebenso wie weitere Mitglieder des Teams bereits Krisenkommunikationstrainings absolviert und bestenfalls Erfahrungen mit realen Krisensituationen gesammelt haben. Grundlage der Krisenkommunikation kann ein Krisenkommunikationshandbuch sein, welches wesentliche Maßnahmen der Krisenprävention darlegt. Auch wenn sich Krisen grundlegend in ihrer Entstehung und ihren Verläufen unterscheiden, so sollte Krisenkommunikation stets die zeitnahe Information mit verlässlichen Fakten, die Mitteilung der wichtigsten Fakten, die Übermittlung eines Bildes der Sicherheit und Situationskontrolle und, letztlich, den Schutz der Reputation des kommunizierenden Akteurs anstreben. Hierbei ist besonders darauf zu achten, die Kommunikation bereits in den frühen Erkennungsstadien einer Krise einzuleiten, um Kernbotschaften schnellstmöglich an alle Interessensgruppen übermitteln zu können. Im Falle weiterer Erkenntnisse sollten Statements unmittelbar aktualisiert werden. Empathie, Transparenz und eine grundlegende Präsenz eines Pressesprechers stellen überdies sicher, Ängste und Verwirrung in der Bevölkerung zu verringern, ein Gefühl der Ruhe zu verbreiten und möglicherweise gefahrvolle Missverständnisse und Falschinformationen sofort aus dem Weg zu räumen.
Wie das Beispiel des Münchner Polizeisprechers demonstrierte, ist eine klare, zeitnahe und transparente Kommunikation mit sämtlichen Interessensgruppen ein obligatorischer Schlüssel zur erfolgreichen Krisenbewältigung. Mithilfe seiner ruhigen und sachlichen Art wirkte der Münchner Polizeipressesprecher etwa 66 Falschmeldungen, die während der Täterfahndung verbreitet wurden, unverzüglich entgegen – und verhinderte somit eine zunehmende Eskalation der Lage.
Eine professionelle Krisenkommunikation schafft und erhält Vertrauen. Sie kann einen elementaren Ruhepol bereitstellen und Einzelpersonen, Unternehmen, Behörden und andere Akteure verlässlich durch Extremsituationen hindurchführen. Im Krisenfall macht eine professionelle Kommunikation mit Sicherheit den Unterschied.