Wenn Unternehmen von eigenen Managern geschädigt werden, passiert dies meist über Geldflüsse an externe Firmen. Entweder an real existierende Dienstleister oder Lieferanten, die bei dem Fraud mitmachen; oder an Fake-Firmen, die es gar nicht gibt.
Im Nachhinein betrachtet sind die Anzeichen für diese Art von Untreue immer die gleichen. Zu den typischen Warnhinweisen („Red Flags“) zählen unter anderem folgende Szenarien, vor allem wenn sie in Kombination miteinander auftauchen:
- Neue Lieferanten / Dienstleister werden im Unternehmen nicht oder nur unzureichend überprüft, bevor sie als neue Kreditoren angelegt werden
Es gibt vielleicht sogar einen Due Diligence-Prozess für die Annahme neuer Dienstleister/Lieferanten, aber er hat zu wenig Tiefe. Das ist daran zu erkennen, dass wenn die Informationen über den Hintergrund des Kreditors gesammelt vorliegen, man sich die Frage stellt: „Und was sagt uns das jetzt?“ Wer solch eine Frage schon einmal gestellt hat, hat die Due Diligence als unzureichend erlebt. Falls es sogar aktiven Widerstand einzelner Manager gegen eine gründlichere Due Diligence gibt, ist das ein Red Flag.
- Es wird vom Management eine Parallel-Akte zu neuen Dienstleistern (oder deren Rechnungen) geführt, in die nicht alle Mitarbeiter Einblick haben, die normalerweise Einblick in diese Art von Prozess haben
Wenn bestimmte Kreditorenbeziehungen zur „Chefsache“ erklärt werden oder die Akteneinsicht zu bestimmten Dienstleistern oder Lieferanten nicht möglich ist, ohne dass ein bestimmter Manager zustimmt, ist das ein Red Flag.
- Manager, die sogar im Urlaub oder bei Krankheit neue Lieferanten / Dienstleister oder deren Rechnungen selbst einsteuern
Egal ob verhindert oder in den Ferien, bestimmte Manager wollen bestimmte Prozesse zu Dienstleistern weiterhin unter ihrer Kontrolle haben. Red Flag.
- Dienstleister/Lieferanten, die keinen oder nur wenig Footprint in relevanten öffentlichen Informationsquellen weltweit haben
Wenn eine Recherche bzw. eine Due Diligence zu Dienstleistern/Lieferanten durchgeführt wird und diese ergibt, dass die Firma und ihre angeblich handelnden Personen kaum bis gar nicht in der Öffentlichkeit sichtbar sind, hat man es womöglich mit einer Fake Firma oder einem absichtlich intransparenten „Middleman“ zu tun. Red Flag.
- Häufung von offensichtlichen Briefkastenfirmen bei den Kreditoren im Unternehmen
Briefkastenfirmen können durchaus ihre Berechtigung haben, z.B. steuerlich, aus operativen Gründen, aus Gründen der geografischen Herkunft bestimmter Geschäftspartner. Aber diese Umstände sollte man individuell auf den Prüfstand stellen – manchmal halten sie einer kritischen Prüfung nicht stand. Wenn ihre Verwendung keinen anderen Sinn ergibt, als dass sie offenbar intransparent sein sollen – Red Flag.
Meist sind es nicht einzelne Red Flags, die gleich einen Anfangsverdacht ergeben, sondern die Kombination aus mehreren.
Der Autor:
Sebastian Okada verfolgt seit 2004 alle Arten von Wirtschaftskriminalität weltweit und leitet die Abteilung Ermittlungen & Prävention Wirtschaftskriminalität bei der Münchner Sicherheitsberatung Corporate Trust.
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